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Ein Prozess mit Signalwirkung

Ousman Sonko war Teil eines brutalen Regimes – und steht nun in der Schweiz vor Gericht. In einem wegweisenden Prozess werden dem ehemaligen Innenminister Gambias Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Binta Jamba sass in ihrem Wohnzimmer, als sich ihr Leben schlagartig änderte. Es war ein Januartag im Jahr 2000. Sie schaltete den Fernseher ein, Gambia TV. In den 18-Uhr-Nachrichten erfuhr sie: Ihr Ehemann, Soldat in der Staatsgarde, war tot. Almamo Manneh war von anderen Soldaten erschossen worden. «Ich werde nie wieder dieselbe sein wie vor diesem Tag», sagt sie heute. Und dieser Tag war erst der Anfang der Schrecken, die Jamba durchlebt hat.

Auch der Journalist Musa Saidykhan sagt: «Wer einmal Folter durchleben musste, ist danach ein anderer Mensch.» Im März 2006 nahm ihn die gambische Polizei fest, nachdem er über einen Putsch­versuch berichtet hatte, und brachte ihn ins Hauptquartier des Geheimdienstes. Doch Saidykhan weigerte sich, Informationen zu seinen Quellen preiszugeben – auch dann noch, als er bereits tagelang gefoltert worden war.

Nokoi Njie sei eine Kämpferin gewesen, erzählt ihre Tochter Isatou Ceesay. Während vieler Jahre war ihre Mutter Mitglied der wichtigsten Oppositions­partei Gambias. Als sie sich 2016 in der Nähe einer Demonstration gegen die Regierung aufhielt, wurde sie festgenommen. Im Gefängnis hätten ihr die Schergen des gambischen Langzeit­diktators Yahya Jammeh gedroht: Man werde sie erhängen und an die Krokodile verfüttern. Njie starb im September 2023. Bis zum Schluss hatte sie für Gerechtigkeit gekämpft. Ihre Tochter führt den Kampf weiter.

Drei traumatische Geschichten. Und ein Mann, der in jeder davon eine Hauptrolle spielt: Ousman Sonko, von 2006 bis 2016 Innen­minister Gambias in der Regierung Jammehs. Sonko soll für die Gewalt­taten an Binta Jamba, Musa Saidykhan und Nokoi Njie zumindest mitverantwortlich sein.

Die ganze Recherche von Jenny Steiner, Anina Ritscher und Lorenz Naegeli jetzt in der Republik.