Im Lithiumrausch

13.12.2024
Die EU will Lithium in Zukunft vermehrt aus Europa beziehen. Dafür müssen europäische Abbauprojekte her. Eine Schweizer Firma wittert in Bosnien das grosse Geschäft. Doch es gibt Widerstand und zahlreiche Risiken.

Lithium ist von strategischer Bedeutung: Es wird insbesondere für Batterien und Akkus für Elektroautos gebraucht. Es gilt als einer der Schlüsselrohstoffe für die Energiewende. Ein Grossteil des weltweiten Lithiums kommt aus China. Nun will Europa seine Abhängigkeit von China reduzieren und hat vorgegeben, Lithium vermehrt direkt in Europa abzubauen. Doch dafür müssen Lithiumminen her. Eine solche Mine soll in Lopare, einer Ortschaft mit 13'000 Einwohner:innen in der Republika Srpska, einer Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina, entstehen. Dort hat die kaum bekannte Schweizer Firma Arcore Probebohrungen durchgeführt und verkündete riesige Vorkommen: Bis zu 40 Milliarden Dollar Marktwert sollen diese laut internen Unterlagen haben.

Doch rund um das Vorhaben gibt es zahlreiche Probleme.  

Die lokale Bevölkerung ist in grosser Zahl gegen das Projekt. Sie befürchten die Zerstörung ihrer Heimat und trauen den Versprechen vom umweltfreundlichen und sozialverträglichen Abbau nicht. Eine weitere Herausforderung ist das politische Umfeld: Bosnien und Herzegowina hat eine komplexe Staatsarchitektur. Zahlreiche Fragen über Autonomie- und Kompetenzrechte zwischen dem Staat und den Teilrepubliken sind ungeklärt. So auch, ob der Staat oder die Teilrepubliken Rechte an Grund und Boden vergeben dürfen. Eine Frage, die für das Vorhaben von Arcore relevant ist und um die es politische Spannungen gibt. Hinzu kommt, dass in der Republika Srpska, in der Teilrepublik in der die Rohstoffe abgebaut werden sollen, seit Jahren Milorad Dodik an der Macht ist. Dodik ist glühender serbische Nationalist, droht immer wieder mit der Abspaltung der Republika Srpska und steht auf der US-Sanktionsliste.

Doch es ist nicht nur die Situation vor Ort, die zu reden gibt, auch die Hintergründe der Firma werfen Fragen auf. Und es gibt den Verdacht, dass die Firma die Rohstoffe gar nicht selber abbauen will, sondern ein anderes Ziel hat: Die Abbaulizenz zu erhalten und diese gewinnbringend zu verkaufen.

Die Firma wehrt sich: Sie wolle sehr wohl selber abbauen und halte einen sozial- und umweltverträglichen Abbau für möglich.

Ein Experte warnt mit Blick auf das Vorhaben: Rund um Transitionsmineralien gäbe herrsche Goldgräberstimmung. Und Projekte wie jene in Lopare seien mit vielen Korruptions- und Umweltrisiken verbunden. Für solche Geschäfte von Schweizer Geschäften brauche es bessere Kontrolle. Er fordert für Geschäfte wie jene von Arcore eine Rohstoffmarktaufsicht, die den zahlreichen Risiken mehr Kontrolle beiseite stellet.

Und die lokale Bevölkerung? Die sieht derweil weiterhin ihr Zuhause bedroht. Und kündigt Widerstand an.

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Diese Recherche entstand in Zusammenarbeit von WAV-Journalisten Lorenz Naegeli und Balz Oertli mit Bartholomäus von Laffert, Lucia Steinwender und Sasa Dragojlo. Bartholomäus von Laffert ist freier Journalist beim Selbstlaut Kollektiv, Lucia Steinwender ist freie Journalistin in Belgrad und Wien, Sasa Dragojlo ist freier Journalist aus Belgrad.

 

Diese Recherche wurde unterstützt vom Journafonds und dem Medienfonds «real21– die Welt verstehen» von Real21.