Schluss mit Verstecken – historisches Urteil im Fall Sonko

Der frühere gambische Innenminister wird wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Der Prozess vor dem Bundes­strafgericht ist eine Premiere.

Ousman Sonko war Innenminister im kleinen westafrikanischen Staat Gambia, während dieser von einem brutalen Diktator regiert wurde. Nach dem Sturz des Diktators flohen er und seine Verbündeten aus dem Land. 2017 wurde er im Kanton Bern verhaftet, nachdem ihn die Organisation Trial International angezeigt hatte. Nach jahrelangen Ermittlungen erhob die Bundesanwaltschaft im Frühling 2023 Anklage. Zehn Privatkläger:innen untermauerten die Vorwürfe.

Sonko sei als oberster Polizeikommandant und später als Innen­minister mitverantwortlich für den Mord, die Folter und die Freiheitsberaubung mehrerer Menschen. Zudem wird ihm Vergewaltigung vorgeworfen. Dabei sei er Teil eines Systems der Gewalt gewesen. 

Noch nie zuvor wurde ein derart ranghoher Politiker gestützt auf das Weltrechts­prinzip verurteilt. Dieses ermöglicht, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit überall auf der Welt zur Anklage gebracht werden können, unabhängig von Tatort oder Wohnort des Beschuldigten.

Am 15. Mai teilt das Gericht mit: Der ehemalige Innenminister Gambias ist schuldig und wird zu einer Freiheits­strafe von 20 Jahren verurteilt. Das Gericht folgt der Anklage in fast allen Punkten. Insbesondere hält es fest, dass die Fälle im Rahmen eines systematischen Angriffs auf die Bevölkerung erfolgten. Dieser habe dazu gedient, kritische Haltungen zu unterbinden, Oppositionelle, Journalist:innen und Kritiker:innen einzuschüchtern. Damit zählen sie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Gericht klammerte die Fälle sexualisierter Gewalt davon jedoch aus: Diese seien individuelle Verbrechen gewesen und sexuell, aber nicht politisch motiviert. 

Entsprechend fallen die Reaktionen aus: Der Grundtenor ist positiv. Das Resultat sei eine Errungenschaft für das Weltrechtsprinzip. Es zeige insbesondere, dass auch hohe Entscheidungsträger zur Verantwortung gezogen werden können. Doch das Ausklammern sexualisierter Gewalt wird kritisiert und sei «ein weiteres Beispiel für die generelle Missachtung von geschlechts­spezifischer und sexualisierter Gewalt». 

Den ganzen Artikel lesen

Weiterlesen: