Genfer Pensionskasse: Lücken in ambitionierter Klimastrategie

Die Genfer Pensionskasse investiert Millionen in grosse Kohleunternehmen und Amazonas-Abholzer. Trotzdem geht sie in ihrer Klimastrategie weiter als viele. Dazu geführt haben nicht Anreize und Freiwilligkeit, wie es Behörden und Finanzindustrie propagieren, sondern klare Gesetze.

Erstmals sind die Investitionen der Genfer Pensionskasse (CPEG) öffentlich. Auffallend: Kein Geld fliesst an die grossen Öl- und Gasunternehmen. Die Kassenverantwortlichen erklären: «Unsere Klimastrategie schliesst aktuell sämtliche Energieunternehmen aus.» Diese müssten maximal eine Klimaerhitzung von 1.75 Grad unterstützen, sonst fliegen sie raus.

Die Genfer Pensionskasse wagt mit ihrer Klimastrategie etwas, was andere öffentliche Kassen scheuen. Investiert etwa die Pensionskasse der Stadt Zürich über 40 Millionen Franken in fünf der grössten Frackingunternehmen, verzichtet die CPEG vollständig darauf. Ein Sprecher schreibt: «Bei Unternehmen, die unserer Meinung nach nicht in der Lage sind, den notwendigen Wandel im erforderlichen Tempo und Umfang zu vollziehen, reicht Engagement nicht aus.» Das bestätigt Sasha Cisar, Leiter Nachhaltigkeitsforschung bei der Radicant Bank. Er betont, wie wichtig ein möglicher Verkauf bei ausbleibenden Veränderungen sei. «Warum sollten diese Unternehmen die Forderungen der Investoren sonst ernst nehmen.»

Was gut klingt, hat Lücken. Die CPEG klammert Stromerzeuger aus ihrer Definition von Energieunternehmen aus. So finden sich in den erstmals einsehbaren Dokumenten Investitionen von fast drei Millionen Franken in den deutschen Energiegiganten RWE und rund vier Millionen Franken in The Southern, einem der grössten US-Stromkonzerne. Beide verbrennen im grossen Stil Kohle zur Stromerzeugung und bauen zurzeit neue Gaskraftwerke.

Der US-Konzern unterstützt damit eine globale Erhitzung von vier Grad, RWE gar zehn Grad. Dies zeigen Daten der Globalance, einer Vermögensverwalterin für nachhaltige Anlagen. Im Fall von RWE sei das der höchste überhaupt mögliche Wert, sagt Gabriel Hansmann, Leiter Datenanalyse bei Globalance. «Investiert eine Pensionskasse Millionen in Unternehmen wie RWE, hat sie ein bedeutendes Klimarisiko im Portfolio.»

Trotz Lücken: Die CPEG nimmt Klimaschutz ernster als viele andere. Das verdankt sie in erster Linie der Politik. Erst eine Motion der Grünen verpflichtet die CPEG 2021 zur Erarbeitung einer Klimastrategie. Zwei Jahre später ist sie Tatsache. Auf Anfrage sagt die heute Nationalrätin Delphine Klopfenstein-Broggini, die damals für die Grünen im Genfer Kantonsparlament sass und die Motion mitverfasst hat: «Der Fall CPEG zeigt, dass nicht Freiwilligkeit zu nachhaltigeren Finanzflüssen führt, wie es uns die Finanzindustrie und die Bundesverwaltung oft glauben machen wollen, sondern klare Gesetzesgrundlagen und Regeln.»

Ob die Genfer Pensionskasse die fehlende Biodiversitätsstrategie nun aus eigenem Antrieb erarbeiten wird oder ob dafür wieder eine Vorgabe der Politik nötig sein wird, konnte der CPEG-Sprecher innerhalb der verfügbaren Zeit nicht beantworten.

Die Recherche zur Genfer Pensionskasse ist Teil des Projekts «Tausend Milliarden Verantwortung. In diesem verlangt das WAV Recherchekollektiv gemeinsam mit CORRECTIV in der Schweiz die Investitionen aller öffentlichen Pensionkassen. Das Erhaltene veröffentlichen die beiden Rechercheorganisationen gemeinsam mit Lokalmedien. Mehr zum Projekt.

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Auswirkungen in anderen Kantonen

Aufgrund der Anfrage vom WAV Recherchekollektiv und CORRECTIV in der Schweiz veröffentlichte die Basellandschaftliche Pensionskasse (BLPK) ihre Investitionen von fast zwölf Milliarden Franken auf ihrer Webseite. Im Lokalmedium Bajour sagt sie, wie es dazu kam und wird mit ihren klimaschädlichen Investitionen konfrontiert.

Mit über 60 Milliarden Franken gehören die Pensionskassen von Kanton und Stadt Zürich zu den grössten der Schweiz. Im digitalen Stadtmagazin Tsüri zeigten WAV und CORRECTIV in der Schweiz, wie klimaschädlich die Städtische investiert, während die Kantonale auf völlige Intransparenz beharrt. Daraufhin gingen zwei politische Vorstösse ein, im Parlament der Stadt sowie des Kantons.

Weitgehend auf Nachhaltigkeitskriterien verzichtet die Pensionskasse des Kantons Schwyz. Die Auswertung ihrer Investitionen im Lokalmedium Bote der Urschweiz zeigt hohe Investitionen in Öl- und Gasriesen, teilweise aus autokratischen Staaten. Auch hier wurde ein Vorstoss im Kantonsparlament eingereicht, der gleich für weitere Artikel in Tageszeitungen sorgte. Die Regierung muss noch darauf antworten.